„Es gibt Mieter, die Existenzängste haben“GAG erhöht Mieten in Köln um bis zu 15 Prozent

Lesezeit 4 Minuten
Auch einige Wohnungen in Rheinnähe in Stammheim sind von den deutlichen Erhöhungen betroffen.

Auch einige Wohnungen in Rheinnähe in Stammheim sind von den deutlichen Erhöhungen betroffen.

Die quasi-städtische GAG erhöht die Mieten in Köln teils massiv um 15 Prozent. Treibt sie das Mietniveau damit weiter nach oben?

Die GAG erhöht die Mieten für insgesamt 1.041 Wohnungen in Köln zum 1. August. Das teilte das Unternehmen auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. Bei mehr als jeder vierten Wohnung wählt das Unternehmen, das zu 88 Prozent in Händen der Stadt liegt, den gesetzlich maximal zulässigen Erhöhungssatz von 15 Prozent. Von den Erhöhungen betroffen sind Mieter in unterschiedlichen Teilen der Stadt: Von der Innenstadt über Zollstock, Vingst, Stammheim, Niehl, Humboldt/Gremberg, Holweide, Chorweiler, Buchforst, Bocklemünd und Bickendorf.

Begründet wird die Erhöhung mit der Entwicklung des Kölner Mietspiegels, an welchem sich die GAG orientiere. Bis zum vergangenen Jahr hatte sich die GAG am Mittelwert des Mietspiegels orientiert. In einem Schreiben aus dem November heißt es jedoch: „Aufgrund der exorbitant steigenden Kosten in allen Bereichen und der ebenfalls stark angezogenen Zinsen ist nun auch die GAG gezwungen, ihre Einnahmenseite zu stärken. So orientieren sich die Mieten für freifinanzierte Wohnungen nicht mehr am Mittelwert des Kölner Mietspiegels für mittlere Wohnlagen, sondern am Oberwert für mittlere Wohnlagen.“

Kölner Mieterverein: „Die GAG fordert schlicht zu viel Miete“

Aus Sicht des Mietervereins ist das Vorgehen der GAG in vielen Fällen nicht legal. „Die GAG fordert schlicht zu viel Miete“, sagte Jörg Hänsel, Rechtsberater des Vereins. „Aus dem Mietspiegel lässt sich eine Anhebung um 15 Prozent nur in sehr wenigen Fällen rechtfertigen, wenn die Wohnung Außergewöhnliches zu bieten hat. Das ist bei kaum einer GAG-Wohnung der Fall.“ Er rate den betroffenen Mietern, sich vor der Zustimmung beraten zu lassen. „Ein schlichtes Ignorieren der Zustimmungsaufforderung ist ohne Rechtschutzversicherung allerdings nicht sinnvoll“, so Hänsel weiter. Aus Sicht des Mietervereins spekuliert die GAG darauf, dass Mieter die Erhöhung hinnehmen und die Zustimmungsbitte unterschreiben.

Die GAG sieht das anders. Mietanpassungen bei der GAG würden den gesetzlichen Vorgaben folgen, hieß es. Darin sind Zeiträume und Umfang von Mietanpassungen klar geregelt. Ebenfalls sieht das Gesetz vor, dass Mietparteien den Anpassungen zustimmen müssen, damit sie wirksam werden. Alternativ haben Mietparteien natürlich die Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten. Bleibt die Zustimmung bis zum Ablauf des zweiten Monats nach Ankündigung der Mietanpassung aus, können Vermieterinnen und Vermieter auf die Erteilung dieser Zustimmung klagen. Insofern handelt es sich keineswegs um eine „Drohung“, sondern um die geltende Rechtslage.

Kölner muss 140 Euro mehr zahlen: „Verunsichert und aufgebracht“

In standardisierten Schreiben an die betroffenen Mieter, welche dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ in mehreren Fällen vorliegen, droht die GAG mit einer Klage, sofern der Erhöhung nicht zugestimmt wird. Einige Mieter sind von der Erhöhung überrascht worden und halten sie für unzumutbar. Ommar Mussa muss rund 140 Euro mehr Kaltmiete pro Monat zahlen – und hat sich in einem Schreiben an Oberbürgermeisterin Henriette Reker gewandt. Er und andere Mieter seien „sehr verunsichert und aufgebracht“. Die massive Erhöhung werde zu einem Zeitpunkt durchgeführt, zu dem viele Kölner mit den Folgen der Inflation zu kämpfen hätten. „Wir wünschen uns eine verantwortungsvolle und soziale Wohnungspolitik in Köln“, heißt es weiter.

In Stammheim sammelt Mussa derzeit Unterschriften, um sich gegen die Erhöhung zu wehren. Auch dem vor Ort per Direktmandat in den Bundestag gewählten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und der Bundesbauministerin Klara Geywitz (beide SPD) hat Mussa geschrieben. In der Hoffnung, dass es noch nicht zu spät ist, die 15-Prozent-Erhöhung zu stoppen. Er sagte: „Meine Forderung ist es, die Mieten nicht um den Maximalsatz zu erhöhen. Ich hätte mir in Krisenzeiten mehr Kompromissbereitschaft gewünscht. Es gibt Mieter, die Existenzängste haben – das sollte die GAG erkennen.“

Kölner SPD: „Wir sind mit diesem Vorgehen nicht einverstanden“

Die Ratsfraktionen von SPD und Linken kritisieren die GAG für ihr Vorgehen ebenfalls deutlich. „Wir sind mit diesem Vorgehen nicht einverstanden. Die Mieterhöhungen in dieser Dimension bedrohen das Recht auf bezahlbares Wohnen in Köln“, sagte SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Er fürchtet, dass die GAG die Mieten mit ihrem Vorgehen weiter in die Höhe treibt. „Neben der Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum muss es auch Aufgabe der GAG sein, die Mieten in Köln niedrig zu halten. Indem sie den maximalen Erhöhungsrahmen von 15 Prozent voll ausschöpft, wird sie stattdessen zur Preistreiberin auf dem Wohnungsmarkt.“ Die Klagedrohung sei zudem „völlig unangemessen“.

Jörg Detjen von den Linken teilte mit: „15-prozentige Mieterhöhungen der GAG sind mies und setzen völlig falsche Signale an den Kölner Mietmarkt.“ Er verweist auf den Konzern-Gewinn von 23,5 Millionen Euro im Jahr 2022, der nicht zu der Erhöhung passe. Detjen nimmt auch die Verwaltung in die Pflicht: „Die Stadt Köln als Haupteigner muss ihren Einfluss auf das Unternehmen nutzen und zu einer sozialen Mietenpolitik drängen. Die Stadt muss die GAG aber auch unterstützen, mit günstigen Krediten und mit Bauland.“

KStA abonnieren