Mord in Köln-MülheimHat es den Anruf des Vaters bei der Polizei nie gegeben?

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Ein Blumenmeer am Tatort im Mülheimer Hafen, wo in der Nacht zum Sonntag (10.03.2024) ein 15-Jähiger mit Messerstichen umgebracht wurde.

Ein Blumenmeer am Tatort im Mülheimer Hafen, wo in der Nacht zum Sonntag (10.03.2024) ein 15-Jähriger mit Messerstichen umgebracht wurde.

Wenige Stunden vor dem Mord an dem 15-Jährigen will dessen Vater der Polizei von einer Todesdrohung gegen seinen Sohn berichtet haben. Doch es gibt Zweifel.

Fast acht Wochen nach dem Mord an einem 15-jährigen Jugendlichen im Mülheimer Hafen gibt es nach wie vor keinen Beweis dafür, dass der Vater des Opfers tatsächlich wenige Stunden vor der Tat die Polizei per Anruf um Hilfe gebeten hat. Dies hatte der Vater wenige Tage nach dem Mord im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt. Ein solcher Anruf habe „im Rahmen der polizeiinternen Prüfungen über die Telekommunikationsanlagen bei der Polizei nicht festgestellt werden“ können, teilte eine Polizeisprecherin jetzt auf Anfrage mit.

Zudem habe die Polizei den Vater kürzlich auch persönlich dazu befragt – im Beisein von dessen Rechtsanwalt. Weil der Vater sich derzeit im Irak aufhält, soll dieses Gespräch per Videoanruf geführt worden sein. Aber auch dieser Versuch, die Sache zu klären, habe nicht dazu geführt, „dass der vom Vater in Rede stehende und von seinem Mobiltelefon aus geführte Anruf auch tatsächlich auf seinem Handy festgestellt werden konnte“, sagte die Polizeisprecherin. Ebenso wenig habe festgestellt werden können, „dass der Vater in Zusammenhang mit dem von ihm erwähnten Anruf die Wache in Mülheim aufgesucht hat“.

Köln: Keinen Nachweis auf dem Handy des Vaters gefunden

Dort will der Vater seiner Aussage zufolge am Abend des 9. März angerufen haben, nachdem er auf dem Wiener Platz in Mülheim zwei der drei Männer getroffen haben will, die knapp sieben Stunden später seinen Sohn erstechen sollten. Die beiden Männer hätten ihm sinngemäß gedroht: „Wenn wir deinen Sohn finden, bringen wir ihn um. Und wir werden ihn finden. Wir sind viele, wir sind eine große Gruppe.“

Der Vater sagte, er habe umgehend auf der Polizeiwache in Mülheim angerufen und von der Todesdrohung gegen seinen Sohn berichtet. Anders als bei einem Notruf bei der Leitstelle über die 110 werden Telefonanrufe, die auf einer Wache eingehen, nicht aufgezeichnet. Als Antwort habe der Vater erhalten, dies könne man nicht am Telefon lösen, er solle vorbei kommen und Anzeige erstatten. Doch das tat er nicht. Stattdessen habe er versucht, seinen Sohn auf dem Handy zu erreichen, was ihm auch gelungen sei. Doch der Sohn habe die Drohung heruntergespielt. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ konnte den Vater weder diese noch vergangene Woche telefonisch erreichen.

Inzwischen sitzen vier Männer in Untersuchungshaft, die an der Ermordung des 15-Jährigen beteiligt gewesen sein sollen. Sie sollen den Jugendlichen am Sonntagmorgen (10.3.2024) gegen 01:30 Uhr unter Vorhalt von Waffen vor einer Gaststätte in Köln-Mülheim entführt und im Verlaufe der Nacht auf eine kleine Insel gebracht haben, die an das wenige hundert Meter entfernte Hafenbecken angrenzt. Dort sollen sie ihn mit mehreren Messerstichen getötet haben.

Als mögliches Motiv kommt in Betracht, dass der 15-Jährige einen der Beschuldigten in einem Drogen-Prozess vor dem Amtsgericht mit einer Aussage belastet haben soll.

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