Streit eskalierteKölner Politiker schießt auf 20-jährigen Mann – schwer verletzt

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Die Spurensicherung auf dem Weg zum Tatort – das Haus im Hintergrund hat mit dem Fall nichts zu tun.

Köln – Am Rheinufer in Porz ist am frühen Montagmorgen ein Streit zwischen einem Rentner und einer Gruppe junger Männer eskaliert. Der 72-Jährige soll nach Polizeiangaben schließlich einen scharfen Revolver gezogen, auf die Heranwachsenden gezielt und einen Schuss abgegeben haben. Die Kugel traf einen 20-Jährigen, er kam ins Krankenhaus, es habe allerdings keine Lebensgefahr bestanden, berichtete ein Polizeisprecher.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ handelt es sich bei dem mutmaßlichen Schützen um einen Kölner Kommunalpolitiker. Er ist der Redaktion namentlich bekannt, aber weder er noch seine Anwältin waren am Montagnachmittag für eine Stellungnahme erreichbar. Daher verzichten wir vorerst auf die Nennung des Namens.

Politiker schießt auf jungen Mann – Grund unklar

Warum der Rentner mit den Männern in Streit geriet, steht noch nicht fest.Womöglich fühlte sich der 72-Jährige durch Lärm belästigt, hieß es. Sicher sei das aber nicht. Der Mann wurde vorläufig festgenommen und am Montag im Beisein seiner Anwältin von der Polizei vernommen. Nachmittags kam er wieder auf freien Fuß. „Ein Haftbefehl wurde mangels Haftgründen nicht beantragt“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Das heißt: Die Anklagebehörde erkennt weder eine Wiederholungs- noch eine Flucht- oder Verdunklungsgefahr. Zwar ermittelt – wie bei Kapitalverbrechen üblich – eine Mordkommission in dem Fall, allerdings nicht wegen eines versuchten Tötungsdelikts, sondern wegen gefährlicher Körperverletzung. Die genauen Gründe dafür konnte der Pressesprecher am Montag noch nicht mitteilen.

Nach einem kurzen Streit sei der Schuss gefallen

Fest steht: Kurz nach Mitternacht befanden sich die vier Männer (20 bis 23 Jahre) am Porzer Rheinufer. Nach ersten Ermittlungen sei der 72-Jährige aus seinem Haus gekommen und habe die Gruppe angesprochen, teilte die Polizei mit. Nach einem kurzen Streit sei der Schuss gefallen. Zeugen riefen die Polizei und beschrieben den Beamten das Haus, in das der Rentner inzwischen wieder verschwunden war.

„Polizisten sicherten das Haus und forderten den Mann auf, das Gebäude zu verlassen“, berichtete Polizeisprecher Thomas Held. Der 72-Jährige habe sich widerstandslos festnehmen lassen, er sei alkoholisiert gewesen. Ein Arzt entnahm ihm eine Blutprobe.

Polizei Köln findet fünf scharfe Schusswaffen

Bei einer Durchsuchung des Hauses fanden die Ermittler fünf scharfe Schusswaffen und ein so genanntes Wechselsystem – eine Vorrichtung, um das Kaliber einer Schusswaffe zu wechseln. Vier der im Haus gefundenen Waffen seien ordnungsgemäß auf der Waffenbesitzkarte des Rentner verzeichnet, erfuhr der „Kölner Stadt-Anzeiger“, für die fünfte fehle dem 72-Jährigen die Berechtigung. Aus welcher Waffe der Schuss abgegeben worden sein soll, ist noch unklar.

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Im Umfeld des Politikers reagierten Parteifreunde und Mitglieder anderer Parteien überrascht und bestürzt. Bei dem festgenommenen Kollegen handele es sich um einen freundlichen, zurückhaltenden, „eher unscheinbaren“ Mann, der vernünftig und sachorientiert Politik mache. Er habe nie erlebt, dass dieser mal lauter oder aufbrausend geworden sei, so ein Funktionär einer konkurrierenden Partei. Der mutmaßliche Täter habe sich um Verkehrsprobleme vor Ort gekümmert und die Interessen seines Wahlkreises vertreten. Ein SPD-Politiker nannte ihn „einen netten älteren Herrn“, ein hochrangiges CDU-Mitglied sprach von „einem ganz ruhigen Vertreter“.

Der beschuldigte Politiker übt noch ein Mandat in einem politischen Gremium der Stadt aus. Er wird bei den nächsten Wahlen zu diesem Gremium nicht mehr antreten. Diese Entscheidung fiel bereits vor einigen Wochen. Auch eine leitende Funktion in einer örtlichen Parteigliederung nimmt er seit November nicht mehr wahr.

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