KlassikStrenge und Gelassenheit

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  • Festkonzert des Kölner Kammerorchesters

Das muss man erst mal schaffen: Sechs renommierte Solisten hatten sich bereitgefunden, ohne Gage beim philharmonischen Festkonzert zugunsten des Kölner Kammerorchesters mitzuwirken. Was Chefdirigent Christoph Poppen in seiner Danksagung nicht verschwieg: Das Ganze war auch ein Geburtstagsgruß an Franz Xaver Ohnesorg. Der ehemalige Intendant der Kölner Philharmonie, der dem Trägerverein des Orchesters vorsteht, hat vor wenigen Tagen seinen 70. gefeiert. Zu diesem Anlass gab es sogar ein gefällig komponiertes Ständchen aus der Feder seines Vorstandskollegen Hanns-Ferdinand Müller, der dadurch in die seltene Gunst kam, seine Musik von der großen Elisabeth Leonskaja uraufgeführt zu hören.

Angesichts dieser Ballung von Festfreude, Großmut und Hochherzigkeit mag man nur ungern kritische Anmerkungen zum künstlerischen Gelingen machen - aber ganz verschweigen lassen sie sich doch nicht. Allzu sparsam war die Anmut dosiert, die Michael Barenboim Beethovens Violinromanze G-Dur spendete; allzu spröde und eindimensional klang die Grafenarie aus Mozarts "Figaro", bei der Dietrich Henschel freilich auch gegen eine verschleppte Orchesterbegleitung kämpfen musste. Ein besserer Partner war Christoph Poppen seiner Ehefrau Juliane Banse, die Mozarts Elettra ("Idomeneo") einmal nicht als keifende Furie, sondern als tragisch leidende Figur in den Raum stellte. Im Duett Zerlina-Don Giovanni musste die wunderbare Sopranistin leider allein für jene Liebesutopie einstehen, die Mozart dem "falschen" Paar in die Noten schrieb.

Begonnen hatte der Abend mit Bachs Doppel-Violinkonzert d-Moll, das Frank Peter Zimmermann und sein Sohn Serge fliehkräftig vorantrieben. Die Koordination mit dem Orchester zeigte gelegentliche Unschärfen, das duftig-melancholische Siciliano klang trotz reicher Verzierungen merkwürdig unterkühlt. Immerhin kam im Finale noch ein dramatischer Puls auf, der das Stück energiereich in die Zielgerade führte.

Die zweite Konzerthälfte lebte dann ganz von der hohen Kunst Elisabeth Leonskajas. In Beethovens viertem Klavierkonzert ließ die seit langem in Wien beheimatete Russin strukturelle Sorgfalt und pianistische Grazie zusammenkommen, formulierte mit ebenso viel nachdrücklicher Strenge wie freundlicher Gelassenheit. Im Mittelsatz gewann ihr Spiel desto mehr Kraft und Autorität, je deutlicher es sich vor den martialischen Orchesterangriffen zurückzog. So entstand eine geradezu magische Bannmeile, die kein surrendes Hörgerät, kein unzeitiges Applausmanöver durchdringen konnten. Das Kölner Kammerorchester ließ sich von dieser solistischen Größe willig beflügeln - und Franz Xaver Ohnesorg, ganz listiger Charmeur, sandte dem großen Erfolg einen unüberhörbaren Spendenaufruf nach.

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