Schrille AnkündigungenTrump schließt Gewalt bei Wahlniederlage nicht aus – und droht „Verbrecher“ Biden

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Donald Trump sorgt mit einem Interview erneut für Schlagzeilen.

Donald Trump sorgt mit einem Interview erneut für Schlagzeilen.

Im Fall eines Wahlsieges will Trump Massenabschiebungen durchsetzen und Biden juristisch belangen. Eine Niederlage könnte Gewalt nach sich ziehen. 

Der voraussichtliche republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hält politische Gewalt in den USA für denkbar, wenn es bei der Wahl im Herbst nicht „fair“ zugehen sollte.

Auf die Frage, ob es im Falle einer Niederlage gegen Amtsinhaber Joe Biden friedlich bleiben werde, sagte Trump dem „Time Magazine“ in einem Interview: „Ich denke, wir werden gewinnen. Und wenn wir nicht gewinnen, kommt es darauf an. Es kommt immer auf die Fairness einer Wahl an.“ Dann nahm er Bezug auf seine hinlänglich widerlegte Behauptung, bei der Präsidentenwahl 2020 durch massiven Betrug um den Sieg gebracht worden zu sein: „Ich glaube, dieses Mal werden sie nicht damit durchkommen. Und wenn das der Fall ist, werden wir auf rekordmäßige Weise gewinnen.“

Donald Trump hält politische Gewalt im Fall einer Wahlniederlage für möglich

Das Interview war im April in zwei Teilen sowohl in Trumps Residenz Mar-a-Lago in Florida als auch telefonisch geführt und am Dienstag veröffentlicht worden. Trump wurde beide Male dazu befragt, ob er mit politischer Gewalt nach dem Wahlgang rechne. Beim ersten Mal antwortete der frühere Präsident: „Ich denke, wir werden einen großen Sieg erringen. Und ich denke, dass es keine Gewalt geben wird.“ Im zweiten Teil des Interviews wurde er dann konkret gefragt, was im Falle einer Niederlage passieren würde.

Im Laufe seiner politischen Karriere hat sich Trump regelmäßig geweigert, das Ergebnis einer Wahl zu akzeptieren oder eine Niederlage einzugestehen. Nachdem er bei den Vorwahlen in Iowa 2016 den zweiten Platz belegt hatte, beschuldigte Trump den texanischen Senator Ted Cruz des Betrugs und forderte einen neuen Wahlkampf. Später, als er gegen die Demokratin Hillary Clinton antrat, behauptete Trump grundlos, die Wahl, die er schließlich gewann, sei „manipuliert“, und weigerte sich wiederholt zu sagen, ob er sich an das Ergebnis halten würde. Belege für seine Anschuldigungen hatte der 77-Jährige in allen Fällen nicht vorgelegt. 

Donald Trump äußert sich in Interview zu Vorhaben im Fall eines Wahlsieges

Im Interview wiederholte Trump auch sein Versprechen, Hunderte von Menschen begnadigen zu wollen, die für Verbrechen im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar verurteilt wurden. Trump bezeichnete diese Personen als „Geiseln“ – obwohl viele von ihnen sich wegen Gewaltverbrechen schuldig bekannt haben oder von Geschworenen verurteilt worden sind.

Inhaltlich zeigte Trump im Gespräch mit dem „Time Magazin“ bei vielen Themen als Hardliner. Sollte er die Wahl gewinnen, strebe er unter anderem Massenabschiebungen an. Dazu wolle er die Nationalgarde, aber gegebenenfalls auch andere Teile der US-Armee einsetzen. Auf den Einwand, dass Gesetze den Einsatz der Armee gegen Zivilisten auf US-Gebiet verbieten, entgegnete Trump, bei illegal ins Land gekommenen Migranten handele es sich „nicht um Zivilisten“, sondern um „eine Invasion“.

Donald Trump will Joe Biden juristisch verfolgen lassen

Außerdem stellte Trump auch eine juristische Verfolgung des derzeitigen Präsidenten Joe Biden in Aussicht. Über Biden sagte der 77-jährige Rechtspopulist: „Ich bin mir sicher, er wird für alle seine Verbrechen verfolgt werden, denn er hat viele Verbrechen begangen.“ Worin diese „Verbrechen“ bestehen sollen, führte Trump nicht aus. Trump sieht sich selber mit vier strafrechtlichen Anklagen konfrontiert.

Auf die Frage im „Time“-Interview, ob er bereit sei, für den Umgang mit dem politischen Gegner Teile der US-Verfassung außer Kraft zu setzen, antwortete Trump, seiner Ansicht nach sei „der Feind von innen oft gefährlicher für unser Land als äußere Feinde wie China, Russland oder viele andere“.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige Präsident Donald Trump gestikuliert bei einer Wahlkampfveranstaltung in Freeland.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat und ehemalige Präsident Donald Trump gestikuliert bei einer Wahlkampfveranstaltung in Freeland.

Zu dem im Wahlkampf ebenfalls heftig umstrittenen Abtreibungsthema bekräftigte Trump seine Position, dass die Gesetzesregelungen zum Schwangerschaftsabbruch von den einzelnen US-Bundesstaaten getroffen werden sollten. Das rigorose Abtreibungsverbot ab der sechsten Schwangerschaftswoche, das an diesem Mittwoch im Bundesstaat Florida in Kraft trat, nannte Trump allerdings „zu streng“.

USA sind vor Präsidentschaftswahl tief gespalten

In den USA ist die politische Stimmung seit Jahren aufgeheizt – die polarisierende Amtszeit Trumps und insbesondere der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 wirken bis heute nach. Damals waren Anhänger Trumps nach einer aufwiegelnden Rede des bereits abgewählten Amtsinhabers gewaltsam in das Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Washington eingedrungen.

Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Biden formal zu bestätigen. Infolge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben. Seitdem hat Trump die Mär des angeblichen Wahlbetrugs unzählige Male wiederholt. Auch jetzt macht er wieder damit Wahlkampf. Allerdings wurde Trump inzwischen selbst im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug angeklagt, weil er das demokratische Ergebnis der Präsidentenwahl 2020 im Nachhinein zu kippen versuchte.

Im Januar hatte US-Justizminister Merrick Garland zum Auftakt des Wahljahres zunehmende Drohungen gegen Amtsträger und demokratische Institutionen im Land angeprangert. Seither scheint sich die Befürchtung zu bestätigen, dass die gesellschaftliche Spaltung des Landes durch die absehbare Neuauflage des Duells Trump gegen Biden im November nochmals vertieft werden könnte. (pst mit dpa/afp)

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