NRW-Verfassungsschutzbericht 2022Deutlich mehr politische Straftaten in NRW festgestellt

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Verfassungsschutz-Chef Jürgen Kayser (l) sitzt bei einer Pressekonferenz neben NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).

Laut des neuen Verfassungsschutzberichts für Nordrhein-Westfalen wurden 8950 politisch motivierte Straftaten im Jahr 2022 registriert.

Im Jahr 2022 wurden 8950 politisch motivierte Straftaten registriert. Zu etwa zwei Dritteln hätten die Taten einen prorussischen Hintergrund.

Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist in Nordrhein-Westfalen um fast 40 Prozent gestiegen. Das geht aus dem am Donnerstag von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) veröffentlichten NRW-Verfassungsschutzbericht 2022 hervor.

So seien im vergangenen Jahr 8950 politisch motivierte Straftaten registriert worden. Im Vorjahr seines 6400 gewesen. Der Anstieg sei auf nicht angemeldete Demonstrationen der Corona-Maßnahmen-Gegner in der ersten Jahreshälfte 2022 und auf Straftaten im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine zurückzuführen.

Zu etwa zwei Dritteln hätten die Straftaten einen prorussischen Hintergrund. Die Zahl der politisch motivierten Gewaltdelikte stieg von 360 auf fast 400. Die Aufklärungsquote verbesserte sich von 58 auf fast 66 Prozent.

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Rechtsextreme begehen fast 50 Prozent der politischen Straftaten

Aus dem rechtsextremen Spektrum wurde fast die Hälfte aller politischen Straftaten begangen: 3450 – ein Plus von rund 10 Prozent. Leicht rückläufig waren dagegen die rechten Gewalttaten. Sie sanken von 121 auf 117. Dennoch nahm die Zahl der Rechtsextremisten in NRW ab. Sie ging um 330 oder fast neun Prozent auf 3545 zurück. 1900 von ihnen stufte der Nachrichtendienst als gewaltorientiert ein.

Daneben gibt es laut Verfassungsschutz inzwischen fast ebenso viele sogenannte Reichsbürger: 3400 Personen. Bemerkenswert sei, dass diese Szene fast ausschließlich Positionen der russischen Regierung vertrete, heißt es in dem fast 400 Seiten starken Bericht.

Auch in der Szene der Corona-Maßnahmen-Kritiker finde prorussische Propaganda großen Anklang. Die Chat-Foren würden mit solchen Desinformationen regelrecht geflutet. „Leider hetzt und radikalisiert es sich in den sozialen Medien leicht. Das sind große Herausforderungen für die Demokratie“, sagte Reul. „Die Demokratiefeinde zeigen sich als wandelbare Chamäleons“.

Islamisten rekrutieren offenbar gezielt psychisch auffällige Einzelgänger

Bei den antisemitischen Straftaten gab es einen deutlichen Rückgang von fast 440 auf 330 Taten. Nach dem Zehn-Jahres-Hoch vom Vorjahr sei dies immer noch der vierthöchste Wert der vergangenen zehn Jahre. Die Zahl der Islamisten ist laut Verfassungsschutz ebenfalls rückläufig.

Im vergangenen Jahr wurden noch 4070 Islamisten in NRW gezählt. Das ist ein Rückgang von fast zwölf Prozent. Vorher waren es noch 4610. Die Zahl der gewaltbereiten Islamisten sank von 780 auf 600 Menschen. Die politisch motivierten Straftaten aus diesem Bereich stagnierten bei 60 Delikten.

Der Schwund in der Islamisten-Szene sei kein Grund zur Entwarnung, sagte Reul. Die Terrorgruppen rekrutierten offenbar gezielt psychisch auffällige Einzelgänger, von denen eine große Gefahr ausgehe.

Herbert Reul sieht Demokratie durch Spionage und Cyberangriffe gefährdet

Eine Zunahme verzeichnete der Verfassungsschutz bei der Zahl der Linksextremisten: 2810 wurden im vergangenen Jahr in NRW gezählt – ein Anstieg um fünf Prozent. Die politisch motivierte Kriminalität ging in diesem Bereich dennoch stark zurück: Um fast 32 Prozent von 1210 Straftaten auf 820. Die Zahl der Gewaltdelikte aus dem linksextremen Spektrum halbierte sich sogar - von 141 auf 71.

Neben dem Rechtsextremismus seien Spionage und Cyberangriffe eine große Gefahr für die Demokratie, so Reul. Geheimdienste aus Russland, China, dem Iran und der Türkei seien dabei die Hauptakteure. Prorussische Cyberangriffe auf die kritische Infrastruktur hätten mittlerweile auch die Wirtschaft sensibilisiert. (dpa/lnw)

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