Ungewöhnliche Werte im BlutStudie macht Long-Covid-Betroffenen Hoffnung

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Long-Covid-Betroffene leiden oft Wochen bis Monate unter unspezifischen Beschwerden. 

Manche berichten von einer bleiernen Müdigkeit, die alltägliche Tätigkeiten ganz plötzlich lähmt. Andere haben keinen Appetit mehr, klagen über Übelkeit und einen rasanten Gewichtsverlust. Wieder anderen fallen die Haare aus, ihnen klingeln die Ohren oder ihnen zieht ein Nebel durchs Hirn, ein sogenannter „Brain Fog“, der die Konzentration raubt und das Denken erschwert.

Die Liste der Symptome, die inzwischen unter dem Oberbegriff „Long Covid“ zusammengefasst werden, ist lang. Die Betroffenen haben zwar längst ein negatives Testergebnis. Aber die Beschwerden halten wochen- oder monatelang an, werden mitunter sogar immer schlimmer. Was fehlt, da sind sich Expertinnen und Experten wie Betroffene einig, sind valide Erkenntnisse, die diese Langzeitfolgen einer Corona-Infektion endlich fassbarer machen. Die verstehen lassen, welche Mechanismen im Körper Long Covid verursachen oder begünstigen.

Forschende finden ungewöhnliche Werte im Blut von Long-Covid-Patienten

Entsprechend groß ist die Aufmerksamkeit für eine neuen Studie, die die Immunologin Akiko Iwasaki von der Yale University in den USA zusammen mit einem Team aus Forschenden auf den Wissenschaftsserver MedRxiv hochgeladen hat. In dieser Studie mit insgesamt 215 Teilnehmenden fanden die Forschenden gleich mehrere ungewöhnliche Werte im Blut und bei Immunzellen von Long-Covid-Patienten.

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Hierzu verglichen sie die Werte dieser Long-Covid-Patienten unter anderem mit denen von Menschen, die sich zwar mit Corona infiziert, aber kein Long Covid entwickelt hatten und mit denen von nicht Infizierten. Die Patienten berichteten von einem „signifikanten Anstieg“ der Intensität von Symptomen wie Fatigue oder Brain Fog, und einer „dramatischen Verschlechterung ihrer Lebensqualität“, schreibt Iwasaki auf Twitter. Alle Studienteilnehmer hatten sich in der ersten Welle im Jahr 2020 angesteckt, ihre Infektion lag demnach rund ein Jahr zurück. Die meisten mussten nicht im Krankenhaus behandelt werden.

Studie könnte Hinweise liefern, die bei der Diagnose und Behandlung von Long Covid helfen

Die Untersuchung könne nicht nur eine Grundlage für weitere Forschung liefern, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sondern auch dazu beitragen, „objektive Biomarker“ zu entwickeln. Also messbare Parameter, anhand derer Long Covid diagnostiziert und behandelt werden kann. Es handelt sich bislang um eine sogenannte „Preprint“-Studie, was bedeutet, dass die Ergebnisse noch von unabhängigen Fachleuten überprüft werden müssen.

„Endlich kommt Licht in den #LongCovid Tunnel“, twitterte Gesundheitsminister Lauterbach zu einer der zentralen Erkenntnisse aus dieser Studie: „Interessant ist, dass fast alle Patienten erniedrigte Cortisol-Werte haben“.

Niedriger Cortisol-Spiegel könnte Baustein in der Diagnostik sein

Cortisol schüttet der Körper zum Beispiel in Stresssituationen aus, weswegen es gemeinhin auch als „Stresshormon“ bekannt ist. Iwasaki und ihr Team haben nun herausgefunden, dass der Cortisolspiegel im Blut der Long-Covid-Patienten im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich niedriger ausfällt. Das mache Cortisol zu einem der stärksten Anzeichen, um „sowohl den Long-Covid-Status zu definieren als auch die Schwere einer Erkrankung vorherzusagen“. 

Ein „unerwarteter Befund“ erklärt auch die Immunologin Carmen Scheibenbogen von der Berliner Charité gegenüber dem Spiegel. Sie will zusammen mit ihrem Team in den kommenden Wochen untersuchen, ob auch bei ihren Post-Covid-Patientinnen und -Patienten ein verringerter Cortisolspiegel nachweisebar ist. „Dann könnte das ein Baustein in der Diagnostik sein“, so Scheibenbogen.

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Daten sollen beweisen, dass Long Covid real ist

Doch Cortisol ist nicht der einzige Baustein, den Iwasaki und Co entdeckt haben. Zu weiteren zentralen Erkenntnissen ihrer Studie zählt zum Beispiel die Zunahme sogenannter erschöpfter T-Zellen bei Long-Covid-Patienten, was dafür spreche, dass diese Zellen permanent durch chronische Antigene stimuliert würden, sagt Iwasaki. Oder auch ein unerwarteter Anstieg bestimmter Antikörper gegen andere virale Erreger, zum Beispiel durch eine Reaktivierung von Herpes-Viren im Körper als eine mögliche Folge der Corona-Infektion.

Nun braucht es weitere Untersuchungen, um diese Ergebnisse zu überprüfen. Iwasaki betont: „Wir hoffen, dass diese Daten dazu beitragen, auch die Skeptischen zu überzeugen, dass Long Covid real ist und eine biologische Basis hat“. (eul)

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